Redaktion: Frau Appler, auf unserem Blog haben vor kurzem 19 Experten das Bestellerprinzip kommentiert. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?
Appler: Wir sehen das Bestellerprinzip bei Kaufimmobilien sehr kritisch, da beim Immobilienkauf ganz andere rechtliche und fachliche Kompetenzen wichtig sind als bei der Vermietung. Es kann sich für Käufer sogar kontraproduktiv auswirken, da der Makler – wenn er vom Verkäufer bezahlt wird – nur diesen fachlich beraten muss. Gerade Käufer erwerben aber eine Immobilie meist nur einmal im Leben. Es ist eine große finanzielle Verpflichtung, die wohl überlegt und gut beraten sein will. Wir finden eine gründliche und objektive Beratung beim Immobilienkauf für jeden Käufer wichtig. Diese wäre durch die Einführung eines Bestellerprinzips gefährdet. Daher sollte über sinnvollere Alternativen nachgedacht werden, die den Käufer in Sachen Nebenkosten auch wirklich entlasten könnten.
„Wir sehen das Bestellerprinzip bei Kaufimmobilien sehr kritisch.“ Kathrin Appler, realbest Klick um zu Tweeten
Redaktion: Was wäre eine solche sinnvolle Alternative?
Appler: Zum Beispiel wäre eine bundesweit einheitliche Grunderwerbsteuer sehr gut.
Redaktion: In den meisten Teilen Deutschlands teilen sich Käufer und Verkäufer die Provision. Besteht da für den Makler nicht generell ein Interessenskonflikt? Wenn er zum Beispiel dem Käufer vom Erwerb abrät, arbeitet er ja eher gegen das Interesse des Verkäufers.
Appler: Es gibt den Begriff des Doppelmaklers, also dass der Makler für beide Seiten arbeitet. Dabei ist es wichtig, dass beide Seiten darüber informiert sind und die Verhältnisse klar sind. Offene Kommunikation ist hier das A und O. Aufgabe des Maklers sollte es immer sein, für den Käufer das perfekte Objekt zu finden. Gleichzeitig muss er natürlich auch den Verkäufer beraten und die Vermarktung der Immobilie unterstützen. Gegebenenfalls muss er bei Vermarktungsschwierigkeiten Lösungen finden, wie die Immobilie marktfähig wird. Diese Beratung in beide Richtungen ist natürlich sehr aufwändig. Genau hier setzt auch unser Geschäftsmodell für die Makler an: realbest nimmt dem Makler viele Aufgaben aus dem Backoffice ab, damit er sich auf seine Kernkompetenz konzentrieren kann.
Redaktion: Wie lässt sich denn das Geschäftsmodell von realbest in einem Satz erklären?
Appler: realbest ist eine Verkaufsplattform für Privatverkäufer und ein Netzwerk für Makler zur Akquiseunterstützung.
Redaktion: Was bedeutet eine Einführung für das Geschäftsmodell von realbest?
Appler: Wir als realbest stehen der Einführung neutral gegenüber, da es unser Geschäftsmodell nicht beeinflussen würde. Kritisch sehen wir das eigentliche Ziel der Einführung. Immobilienprofis werden weiterhin dank professioneller Leistung auf dem Markt bestehen bleiben. Allerdings wären unsere Hauptzielgruppen – die Verkäufer und Käufer – sowie die Makler betroffen, die ein wesentlicher Bestandteil des professionellen Netzwerks von realbest sind. Es ist durchaus möglich, dass es einfacher wird, neue Makler zu gewinnen, da der Leistungsdruck auf diese höher wird und unsere Plattformvorteile – wie leichtere Akquise und hohes Neukundenpotenzial – stärker hervortreten. Zudem könnten Verkäufer darauf bestehen, die Provision einfach auf den Kaufpreis aufzuschlagen. So landet diese doch wieder beim Käufer, jedoch bezieht er dafür weniger Leistungen. Die Folge wären weniger zufriedene Käufer. Dies würde jedoch konträr zu unserem Anspruch verlaufen, die Immobilienbranche für Käufer transparenter und effizienter zu gestalten.
„Wir stehen der Einführung des Bestellerprinzips neutral gegenüber.“ Kathrin Appler, realbest Klick um zu Tweeten
Redaktion: Welche Auswirkung würde das Bestellerprinzip auf den Immobilienmarkt haben?
Appler: Es ist davon auszugehen, dass die Nebenkosten zwar sinken, die Kaufpreise im Gegenzug aber steigen würden. Hingegen würden die Provisionen aufgrund der Verhandlungsmacht der Verkäufer absehbar sinken, was wiederum den Wettbewerb unter den Maklern fördern könnte.
Redaktion: Mehr Wettbewerb würde einen Selektionsprozess in Gang setzen, den nur die besten Makler überleben…
Appler: Ja, das stimmt. Die Professionalisierung der Branche ist im Interesse aller. Allerdings würde das Bestellerprinzip dazu nur wenig beitragen und die Situation nicht nachhaltig ändern. Besser wäre der Sachkundenachweis, damit sich nicht jeder x-beliebige Mensch ohne Immobilien-Know-how Makler nennen darf.
„Wir sehen den Käuferschutz in Gefahr.“ Kathrin Appler, realbest Klick um zu Tweeten
Redaktion: Welche Auswirkungen hat das Bestellerprinzip für die Käufer?
Appler: Wir sehen den Käuferschutz in Gefahr, da die Makler nur noch die Interessen der Verkäufer vertreten müssen. Diese schlagen die Maklerprovision wieder auf den Kaufpreis drauf. Der Käufer hat dann im besten Fall geringere, wahrscheinlich aber mehr Kosten bei weniger Leistung zu tragen. Aufgrund des höheren Kaufpreises steigt auch die Grunderwerbsteuer. Die höheren Kaufpreise führen auch zu einer größeren Finanzierungssumme, auf die wiederum Zinsen gezahlt werden müssen. Ob am Ende wie beabsichtigt ein finanzieller Vorteil für den Käufer herauskommt, erachten wir als sehr fraglich. Der Käuferschutz ist das falsche Argument für das Bestellerprinzip.
Redaktion: Vielen Dank für das Interview!
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